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Als wir uns kennenlernten warst du noch ein kleiner Winzling. Im Alter von gerade mal 8 Wochen tratest du in mein Leben, damals war ich 5 Jahre alt. Wir haben unsere Kindheit gemeinsam erlebt, haben gemeinsam im Garten gespielt, zusammen den Wald erkundet und sind abends, nach einem Tag voller Abenteuer vollkommen kaputt auf Sofa gefallen und sofort eingeschlafen. Du hattest sehr schnell vertrauen zu mir gefasst und bist mir sogar morgens hinterhergelaufen, wenn meine Mutter mich in den Kindergarten ganz in der Nähe brachte.

Gemeinsam wurden wir älter und mussten dem Ernst des Lebens ins Auge sehen. Während ich für die Schule pauken musste und versuchte Schulhofstreitereien unbeschadet zu überstehen, musstest du lernen auf Mäusejagd zu gehen und dein Revier gegen die Kater aus der Nachbarschaft zu verteidigen. Du warst ein richtig kleiner Draufgänger. Ein Charakterzug den ich immer besonders an dir mochte. Vermutlich lag das daran, dass du auf einem Bauernhof geboren wurdest und dich von Anfang an durchschlagen musstest.

In unseren wilden Jahren haben wir so manches Weihnachtsfest aufgemöbelt. Während du dich, ganz zum Entsetzen von Mutti, der 'Umdekorierung' des Weihnachtsbaumes gewidmet hast, machte ich mich daran sämtliches Geschenkpaper, Naschkram und was ich sonst noch so finden konnte, in der gesamten Wohnung zu verteilen. Wir waren ein unschlagbares Team!

Doch genau so, wie wir zusammen unsere wilden Jahre erlebt haben, wurden wir beide auch gemeinsam ruhiger. Du hattest in der Zwischenzeit allen Rowdies aus der Umgebung klar gemacht, dass sie nichts in deinem Revier verloren haben und warst nun der Chef der Nachbarschaft. Zwar wurde bei dir in der Zwischenzeit eine leichte Herzschwäche diagnostiziert, aber dank deiner Medikamente machte dir das keine weiteren Probleme. Ich für meinen Teil, sah sehnsüchtig aber dennoch gelassen dem Ende der Schulzeit entgegen. Eine wunderbar entspannte Zeit. Im Sommer, wenn es warm war, genossen wir die Sonne und lümmelten im Garten herum, oder aber suchten ein wenig Abkühlung im nahegelegenen Wald.

Im Winter jedoch, wenn es draußen stürmte und pfiff, kuschelten wir uns jede Nacht gemeinsam unter die Bettdecke und schenkten uns gegenseitig Wärme. So trotzten wir Schnee und Kälte, die gierig ins innere des Hauses eindringen wollten. Solange wir uns hatten, war alles andere egal. Und wäre in einer dieser Nächte die Erde um uns herum untergegangen, so hätte es uns nicht das geringste ausgemacht. Wir waren glücklich – wir hatten uns.

Dann kam eine Zeit in der ich sehr viel zu tun hatte. Meine Abschlussprüfungen standen an und ich musste über mehrere Wochen von morgens bis abends büffeln. Das ging dir (aber nicht nur dir) natürlich völlig gegen den Strich und du hast tatkräftig versucht meine Aufmerksamkeit wieder auf dich zu lenken. Am effektivsten funktionierte das in dem du schlichtweg meine Unterlagen als deinen neuen Schlafplatz auserkoren hattest. So hast du es selbst in dieser sehr stressigen Zeit immer wieder geschafft, mir ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern; und natürlich hast du deine verdienten Streicheleinheiten dafür bekommen.

Nachdem ich meine Prüfungen überstanden hatte und die Uni erst im Herbst losgehen würde, hatten wir nun ein komplettes halbes Jahr nur für uns. Wir genossen das Leben und lagen die meiste Zeit einfach nur faul im Garten herum oder gingen ein wenig spazieren. Wir waren wie ein altes Ehepaar. Ein eingespieltes Team, das sich gegenseitig kennt wie kein anderer, sich respektiert und schätzt. Wir waren bedingungslos füreinander da. Dieser Sommer war ohne Zweifel der schönste meines bisherigen Lebens. Noch ahnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht, dass dies der letzte sein würde, den wir beide gemeinsam zu Ende gehen sehn sollten.

Im Herbst fing dann schließlich mein Studium an. Ich musste pendeln, da die Uni weiter entfernt lag und war somit von morgens bis abends unterwegs. Mutti hast du damals ganz schon die Hölle heiß gemacht wenn sie dich nicht mit genügend Streicheleinheiten verwöhnt hat oder dir einfach zu wenig Aufmerksamkeit schenkte. Ich hatte das Gefühl, dass du die erste Zeit auch ein wenig beleidigt auf mich warst, weil ich nun solange unterwegs war. Schließlich kamst du aber doch wieder jeden Abend zu mir und nach nur wenigen Tagen empfingst du mich bereits an der Türe wenn ich abends nach Hause kam. Dann legten wir uns einfach nur gemeinsam auf die Couch oder ins Bett und kuschelten.

Es war zu dieser Zeit, dass ich zum ersten Mal den kleinen Knubbel an deiner rechten Seite bemerkte. Erbsen-groß, weich und beweglich. Vermutlich nur eine kleine Reizung dachte ich mir. Es wäre nicht das erste Mal das Herr Kater an einem Dornenbusch hängengeblieben ist. Einige Zeit verging, in der ich nicht mehr an die kleine Erhebung gedacht hatte. Aber eines abends, als du dir eine besonders ausgiebige Portion Streicheleinheiten abholtest, fiel mir die Stelle wieder auf. Doch sie hatte sich ein wenig vergrößert. Ich gab den Gedanken an eine kleine Reizung auf und vermutete nun, dass es sich mal wieder um eine angehende Eiterbeule handle, die hattest du schon mehrmals nachdem du dich besonders rabiat geprügelt hattest. Der Tierarzt meinte bei so etwas in der Vergangenheit immer, dass abwarten das Beste sei. Wie in der Vergangenheit würde sich die Sache also irgendwie von selbst regeln.

Aber dieses Mal war es anders. Die Beule wuchs noch ein wenig und behielt dann erst einmal eine Zeit lang ihre Größe. Es kann nicht mehr lange dauern bis die darin gesammelte Flüssigkeit endlich von allein austritt, dachten wir uns. Doch dem war nicht so und wir entschieden, dass es an der Zeit für einen Tierarztbesuch war. "Fühlt sich ein wenig fester an als gewöhnlich aber kein Grund zur Beunruhigung. Warten Sie noch ein wenig ab, vielleicht können wir es vermeiden die Beule öffnen zu müssen." Gesagt, getan. Doch in den nächsten Wochen verschlimmerte sich die Situation. Der Knubbel wurde immer härter und wuchs rasant an, bis er schließlich, innerhalb kürzester Zeit, die Größe einer mittelgroßen Kartoffel erreicht hatte. Mutti und ich waren extrem besorgt und entschieden, dass etwas getan werden muss. Also ab zum Tierarzt und der entschied dass eine Gewebeprobe entnommen werden müsse, im Idealfall sollte der ganze Tumor entfernt werden. Wir machten einen Termin für die kommende Woche. Obwohl du keinerlei Schmerzen zu haben schienst (auch die Punktierung des Knotens mit einer Nadel hast du nicht einmal mitbekommen), ahnten Mutti und ich schon das Schlimmste. Noch nie hattest du eine Krankheit die wir nicht nach nur einem Arztbesuch in den Griff bekommen hatten.

Dann war der Termin gekommen. Wir brachten dich am frühen Morgen mit mulmigem Gefühl in den Bäuchen zum Tierarzt und konnten dich erst am Nachmittag wieder abholen. Dein Anblick hat uns das Herz zerrissen. Du warst gerade dabei aus der Narkose zu erwachen und miautest dabei jämmerlich. Die Ärzte hatten dir einen Trichter über den Kopf gezogen, so dass du ganz orientierungslos warst in deinem Zustand. Aber das schlimmste war diese schreckliche Narbe. Gute 20 cm lang und in einem Bogen, gekrümmt wie eine Banane, über deine gesamte rechte Seite gestreckt. Rundherum fehlte großflächig das Fell und der gesamte Bereich war mit Silberspray und Wundflüssigkeit bedeckt. Es war unglaublich hart dich so zu sehen. Wir nahmen dich mit nach Hause, kümmerten uns darum, dass du wieder vollständig zu dir kommst und bereiteten dir ein gemütliches Krankenlager, in das du dich verkrümeln konntest. Zwei Wochen lang sollten wir dich nicht vor die Türe lassen. Undenkbar für einen Freigänger wie dich. Du hast es in der Wohnung kaum ausgehalten und ständig randaliert, zudem kamst du nicht gut mit deiner Halskrause zurecht und ranntest immer irgendwo gegen beim Laufen.

Dann kam eines Tages der Anruf vom Arzt, der uns die schockierende Nachricht brachte: Der Tumor ist bösartig. Wir waren am Boden zerstört. Doch die Ärztin gab uns einen kleinen Hoffnungsschimmer, der Tumor hatte sich ziemlich gut entfernen lassen und keine Überreste im Körper waren zurückgeblieben. Sollte der Tumor nicht nachwachsen stünden die Chancen nicht schlecht. Nachdem wir dich also regelmäßig zum Tierarzt gebracht hatten um die Wunde kontrollieren und die Wundflüssigkeit ablaufen zu lassen, war nach knapp 3 Wochen endlich der Tag gekommen an dem die Fäden gezogen werden sollten. Freudig fuhren wir zum Arzt um die Sache erledigen zu lassen, denn wir wussten, dass du nun keine Halskrause mehr brauchen würdest und auch bald wieder alleine rausgehen könntest. Doch dann kam der grässliche Rückschlag. Du hattest das Fadenziehen fast überstanden, als du bei den letzten Fäden anfingst unruhig zu werden und dich gewehrt hast. Durch deine starken, ruckartigen Bewegungen riss mit einem Mal die gesamte Naht wieder auf, von vorne bis hinten. Ich konnte einen Entsetzensschrei kaum zurückhalten. "Sofort wieder in den OP und neu zunähen", waren die Worte der Ärtztin. Wieder fuhren wir nach Hause, mussten eine halbe Ewigkeit warten und konnte dich am Abend wieder holen. Auch diesmal warst du wieder vollkommen schlapp und verwirrt von der Narkose. Und auch diesmal pflegten wir dich ununterbrochen und mit viel Liebe. Es tat uns unglaublich weh zu sehen, wie gerne du nach draußen gehen und herum streunen würdest. Doch erneut würdest du warten müssen. Diesmal orderte die Tierärztin vier Wochen an, um auf Nummer sicher zu gehen. Deine Naht war nach dieser zweiten OP noch ein wenig knubbeliger und wulstiger als nach der ersten. Dies sollte dafür sorgen, dass die Wunde besser zuheilt und verwächst.

Doch uns lies das blöde Gefühl nicht los, dass die Knubbel die wir spürten, gar nicht von der Naht selber kamen, sondern vom Gewebe darunter.

Allgemein heilte die Wunde viel besser als beim ersten Mal. Weniger Wundflüssigkeit war vorhanden und man konnte kaum noch den Schnitt des Skalpells erkennen. Dein Zustand jedoch war nicht ganz optimal. Obwohl du körperlich den Umständen entsprechend fit schienst, machten dir der Hausarrest und die Nachwirkungen der beiden Operationen sehr zu schaffen. Selbst als wir dich mehrmals an der Leine nach draußen führten, wirktest du eher erschöpft und desinteressiert. So wolltest du dich meist nur unter deinen liebsten Busch legen und dich nicht mehr von der Stelle bewegen. Wir entschlossen abzuwarten und hofften dem Tag entgegen an dem die Fäden gezogen werden sollte. Obwohl ich dich unter keinen Umständen alleine lassen wollte, musste ich genau zu diesem Zeitpunkt für ein paar Tage weg. Eine Begebenheit, die ich mir niemals verzeihen werde. Die Region, in der ich Tage von Mittwoch bis Sonntag verbrachte, war relativ abgelegen und hügelig und ich hatte die gesamte Zeit über keinen Handyempfang. Die Tage waren ein Horror für mich, ich wollte doch so gerne wissen wie es dir geht! Als ich dann Sonntagmorgen auf der Heimreise wieder in bewohnteres Gebiet gelangte, schien mein Handynetz endlich wieder zu funktionieren. Genau in der Sekunde als ich dies bemerkt hatte, klingelte das Telefon auch schon. Aufgeregt nahm ich den Anruf an. Es war meine Mutter. "Du solltest wissen ... Max lebt nicht mehr." Ohne ein Wort zu sagen legte ich auf … und brach nervlich zusammen.

...

...

...

• Nachdem ich unzählige Stunden nur mit weinen verbracht hatte, raffte ich mich dazu auf meine Mutter zurückzurufen. So schmerzlich es auch war, ich musste einfach wissen wie und wann es passiert war. In einem langen, emotionalen Gespräch erzählte mir meine Mutter, dass sie am Tag nach meiner Abreise, wie geplant zum Fädenziehen gefahren war. Dort hatte sie die Tierärztin noch einmal auf die spürbaren Knubbel angesprochen, die in der Zwischenzeit wieder deutlich größer geworden waren. Und die Ärztin bestätigte, dass das nur ein sich neu nachwachsender Tumor sein könne. Eine erneute Operation würde sich kaum lohnen und wenn dann nur in Kombination mit einer Chemotherapie, welche in einer Tierklinik stattfinden müsse. Und selbst dann wäre es nicht sicher ob der Tumor nicht erneut wiederkommen würde. Nachdem unser kleiner Schatz zwei Operationen und insgesamt 7 Wochen Hausarrest hatte überstehen müssen und jetzt so angeschlagen und lustlos war, hätte man ihm das nicht auch noch antun können. Zumal er aufgrund seiner Herzschwäche so oder so einer Risikogruppe angehörte.Unser Liebling war 14 Jahre alt, hatte, bis auf die letzten Wochen, ein langes und erfülltes Leben. Er hatte es nicht verdient noch mehr zu leiden. Zumal er eindeutige Zeichen gab, dass er am Leben nicht mehr sonderlich interessiert war. Es war besser ihn gehen zu lassen. Und so knuddelte Mutti ihn das letzte Mal und übergab ihn in die Hände der Ärztin um ihn von seinem Leid erlösen zu lassen. Nach dem die Prozedur überstanden war, brachte die Ärztin unseren schlafenden Liebling zu meiner Mutter. Friedlich eingerollt in seiner Box, so als würde er nur ein kurzes Nickerchen halten. Nicht einmal die Narbe und die kahlgeschorene rechte Körperhälfte konnte man mehr sehen. So brachte Mutti ihn nach Hause und bettete ihn, eingewickelt in seiner Lieblingsdecke, in einem Grab unter seinem Lieblingsbaum. Nun war unser kleiner Schatz erlöst von seinem Leid und konnte in Frieden ruhen. Dieser Weg war die einzig richtige Entscheidung.


Doch ich bereue bis zum heutigen Tage, dass ich in seinen letzen Minuten nicht bei ihm war und ihn nicht noch einmal sehen konnte um mich zu verabschieden. Jeden Tag gehe ich zu seinem Grab, welches mittlerweile von einem hübschen kleinen Grabstein geziert wird, und bitte ihn mir zu verzeihen, dass ich ihn so im Stich gelassen habe. Ich hoffe er versteht mich. •


Danke für 14 wundervolle gemeinsame Jahre.

Danke, dass du immer für mich da warst, egal wie schlecht es mir ging.

Danke, dass du mich mein gesamtes bisheriges Leben, vom Kindergarten bis zu Uni, begleitet hast.

Danke, dass du mich zu dem gemacht hast, was ich heute bin.

Danke für alles mein kleiner Liebling.


Schlafe tief und träume schön! Ich hoffe es geht dir gut, dort wo du jetzt bist. Und ich hoffe, du denkst ab und zu an mich und kannst mir verzeihen.


Bis zu dem Tage, an dem wir uns wiedersehen.


♥ In ewiger Erinnerung ♥

Katze Max
Geboren am 26.07.1998
Gestorben am 16.08.2012

10.974 911 21

Zurueck zur Gedenkstaette Erstellt am 13.04.2014,
Erstellt von Bianka Nusko

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